Glas aus Böhmen

Archäologen entdeckten Glaszentrum des Mittelalters

Vor dem Zweiten Weltkrieg waren die böhmischen Glasorte Haida, Steinschönau und Gablonz weltbekannt. Dass diese nordböhmischen Glaszentren einen ebenso bedeutsamen "Vorgänger" im Mittelalter hatten, wusste bis vor zwanzig Jahren aber niemand. Tschechische Forscher brachten das Geheimnis erst jetzt ans Tageslicht. Ing. Michal Gelnar aus Haida (Nový Bor) spürte jahrelang unermüdlich bei vielen Geländeerkundungen über 40 - sichere oder zumindest "verdächtige" - Hüttenstandorte im Lausitzer Gebirge und dessen südlichem Vorland auf. Eine Konzentration von Glashütten, die wohl einmalig auf der Welt ist. Vor allem der berühmten Glasarchäologin PhDr. Eva Černá aus Brüx (Most) ist es zu verdanken, dass mehrere dieser Hütten nach den akribischen Methoden ihrer Wissenschaft ausgegraben wurden und viele Informationen preisgaben.

Die frappierenden Ergebnisse sind es wert, auch den früheren deutschen Bewohnern Nordböhmens nahegebracht zu werden. Denn deren Vorfahren waren es, die hier seit der Mitte des 13. Jahrhundert Glaswaren von hoher künstlerischer und technischer Reife schufen. Freilich ist auch der Anteil des heimischen Landadels erwähnenswert, der damals deutsche Glasmacher aus dem Erzgebirge ins Land holte - unter ihnen auch einen Friedrich - und dadurch die Ressourcen seiner unermesslichen und noch menschenleeren Wälder nutzte.

Die nordböhmische Glasindustrie entwickelte sich unter der Gunst ihrer Obrigkeiten und der Heimatlandschaft erfreulich weiter. Spektakuläre Funde wie z.B. die Bruchstücke des Daubitzer Bechers (rechts eine Replik) von ca. 1400 dokumentieren das hohe Niveau, das in Glasqualität und künstlerischem Einfallsreichtum erreicht wurde, bevor Hussiteneinfälle und Adelsfehden der Glasproduktion herbe Rückschläge versetzten, die nur die Friedrichschen Hütten erfolgreich überlebten.

Becher

Daubitzer Becher, um 1400,
aus gefundenen Bruchstücken von PhDr. Černá rekonstruiert,
Replik BON Nový Bor


Karte

Karte von Nordböhmen